16. August – Sjötorp


Ein wenig größer haben wir uns Sjötorp schon vorgestellt. Insbesondere, weil wir hier in Erwartung des angesagten nachmittäglich aufbrisenden Windes im Hafen verblieben sind.


Der Tag war wegen des Dauerregens noch recht produktiv. Die Bilge ist wieder sauber. Das Achterstag-Rüsteisen (die Aufnahme, an dem das Drahtseil festgemacht ist, das den Mast am nach vorne Fallen hindert) festgezogen und gesichert. Petroleum ist zum Nachfüllen portioniert.

Das hört sich schnell an, dauert aber lange.

Eine akzeptable Verbindung an einem Samstag von dem Ryan-Air-Flughafen Skavsta bei Stockholm nach Mariestad zu finden, gehört auch nicht zu den einfachen Angelegenheiten.

Mit der freundlichen Dame von der Turistinfo bin ich stundenlang mehrere Möglichkeiten durchgegangen, wie man zügig nach Mariestad kommt.

Das Problem ist, dass der Samstag laut Aussage der Dame, der Tag der Woche ist, an dem die öffentlichen Verkehrsmittel am seltensten fahren.

Da Ryanair täglich zu einer recht unpopulären Zeit (17.55 Uhr) in Skavsta ankommt, ist man selten vor 19.00 Uhr in Stockholm, um weitere Anschlüsse zu bekommen.

In der Woche ist das kein Problem... Aber am Samstag... da wird nur bis ca 15.00 Uhr stündlich Richtung Göteborg gefahren.... Da ist guter Rat teuer... :o(

Dann kam hier noch eine Art deutscher Segel-Intercity-Express durch und erzählte mir in 10 Minuten die Segel-Stationen der letzten dreieinhalb Jahre inklusive Meilenangabe. Der Götakanal wurde in vier Tagen geschafft und Stockholm-Aland-Stockholm-Mem sogar einhand (allein) in 14 Tagen ...genau wie die Atlantiküberquerung letztes Jahr.

...ich war sprachlos. Machte aber nichts, weil an einem Dialog nicht gerade größtes Interesse bestand.

Ich hätte nicht verstörter nach einem Besuch der Flippers auf Skrollan mit Live-Auftritt aus der Wäsche kucken können...ich bin echt im falschen Film.

Bis Morgen... ich schwimm dann schon mal vor ;o)

NACHTRAG

IN DER NACHT... Euer Merkwürden!


Habe ich vor ein, zwei Tagesberichten noch uns Deutsche Landsleute gelobt, erleben wir jetzt ein paar Merkwürdigkeiten, die uns etwas sehr verwundern.

Es fing am 15. an, als sich zwei fette deutsche Yachten an den Berlinern und uns vorbei durch die Brücken drückten, als gäbe es da was umsonst, um danach vor uns so langsam herzutuckern, dass wir fast durch den Rückenwind den Rückwärtsgang einlegen mussten, um nicht draufzufahren.

Heute der Kulturschock mit dem ICE-Menschen, der uns später noch Details über seine "Mannschaft" anvertraute, die man eigentlich noch nicht mal erzählt, wenn man seinen Gegenüber gut kennt und dann hatten wir noch Kontakt zu deutschen Weltumseglern...

Was soll ich Euch berichten? – Vielleicht ist es für die Charakterbildung nicht gut, wenn man zu lange nur unter sich ist. Da fallen einige Höflichkeitsformen einfach hinten runter. Und manchmal frage ich mich auch, was wollen die eigentlich auf Weltreise.

Das ist natürlich alles sehr nebulös – Ich versuch das mal zu erklären.

Wenn man sich ne halbe Stunde unterhält und die einen sitzen und die anderen stehen, dann würde ich spätestens nach einer Viertelstunde auf die Idee kommen, die anderen zu fragen, ob die nicht auch gern sitzen würden. Wenn dann ein anderer Weltumsegler vorbeikommt und der im Beisein der anderen dann gefragt wird, ob er denn nicht sitzen möchte, dann ist das den anderen gegenüber unhöflich. Aber was soll man von Lehrern schon erwarten ;o)

...dann ist uns aufgefallen, dass wieder viel erzählt wird. Insbesondere, wo man überall war.

Als ich dann aber fragte, was waren denn so die Eindrücke, die einen am meisten bewegt haben, oder ob es Dinge gab, die einen ein wenig schlauer gemacht haben (wie uns z.B. Waldemar in Tallinn: You’ve got to know how!)...dann kommt da nix.

Und dann frag ich mich: Warum gehen die eigentlich auf Weltreise, wenn die dabei nix lernen.

Genauso kannst Du bestimmt auch fragen: Was habt Ihr da gemacht? ...Da kommt dann bestimmt auch nix.... außer vielleicht: geankert.

...höchstwahrscheinlich tue ich diesen Menschen wieder fürchterlich unrecht und ich schere alle über einen Kamm....ich würde es mir wünschen.

Claudia und ich haben in der letzten Zeit viele Gespräche über unsere "seglerische" Zukunft geführt. Wir sind uns beide einig, dass eine "Weltumseglung" nicht unser Traum ist.

Ich kleiner Wortklauber möchte dazu anmerken, dass es mir nicht wichtig ist, die Welt zu "umsegeln"...ich segle lieber in die Welt hinein. Und das kann man überall in der Welt.

Wir haben festgestellt, dass die wirklichen Highlights unserer Reise, die gemeinsamen Erlebnisse mit anderen Menschen waren.

Es war weniger wichtig, dass wir in Estland waren. Es war wichtig, dass wir mit Michael (DINE) und Ruth (FAREWELL) dort waren und diese beiden wunderbaren Menschen kennen gelernt haben.

Genauso waren die Gespräche mit Agneta, Tony, Hakon, Vulla und Andreas die Highlights des Götakanals... während ich die meisten Namen der Städte schon wieder vergessen habe.

Jetzt kann wieder jemand sagen: Ja, aber die tollen Naturerlebnisse in soundso...

...und das macht mich mittlerweile echt sauer.

Mach den Computer aus. Setz Dich auf’s Fahrrad oder noch besser: geh zu Fuß in/an den nächsten Wald / Fluß / Strand / Naturschutzgebiet. Setz Dich dort hin und mach die Augen auf!

...so...ich glaub, ich muss ins Bett, sonst hört die Litanei nie auf.

Ich hoffe, Ihr seid mir noch gut... ;o)