17. Juli - Auf eigene Faust



Nachdem wir gestern zwei Situationen haben verstreichen lassen, um mal mit ein paar anderen Menschen länger ins Gespräch zu kommen, die nichts mit "Boot" zu tun hatten, nahmen wir uns heute vor, auf getrennten Pfaden die Stadt zu durchstreifen.

Sollten wir wieder kontaktlos bleiben, so hätten wir uns wenigstens etwas zu erzählen, was der andere noch nicht kennt.

Was meint Ihr wohl, wie es ausgegangen ist?

Genau! In so einer Großstadt kann man, trotz der vielen Menschen um einen herum, der einsamste Mensch auf der Welt sein.


Vielleicht haben wir einfach verlernt, Leute anzusprechen, wenn wir nichts Konkretes von denen wollen.

Ich glaube, ich würde auch ein wenig komisch kucken, wenn mich jemand auf der Straße anhält und fragt, ob ich nicht ein wenig Konversation mit ihm treiben könne. Er sei auf diesem Sektor gerade ein wenig ausgehungert. ;o)

Aber das haben wir wirklich verlernt: Situationen zu suchen, wo man Leute kennen lernt.


Neulich habe ich gelesen, dass es wichtig ist, die Kunst der Unterhaltung über Belanglosigkeiten zu beherrschen, um inhaltsvolle, interessante Gespräche zu führen.

Das hört sich erstmal komisch an. Ist aber eigentlich ganz logisch.

Wie lernt man den Menschen erstmal kennen?

Bestimmt nicht, indem man sofort mit einem Wildfremden über den Sinn des Lebens philosophiert. Man tauscht sich erstmal über Allgemeinplätze aus und lernt sich kennen und dann kann man auch ans Eingemachte gehen. Wenn man also gleich zu viel erwartet, unterhält man sich meistens mit sich selbst.... Das ist auf die Dauer inhaltlich wenig überraschend.

Vielleicht haben wir das ja wieder drauf, wenn wir zurückkommen.


Naja, auf jeden Fall marschierte ich heute durch die Einkaufszonen und Passagen und setzte mich werbewirksam mit einem Espresso doppio und dem neuen Spiegel in das eine oder andere Café und Claudia hörte sich die Militärkapellenperformance erneut in Gänze an und versuchte danach das eine oder andere Kleidungsstück zu erjagen.


Meine Werbung blieb erfolglos, genau wie Claudias Jagd. Im Endeffekt hätten wir wieder zusammen losgehen sollen. Denn ich habe ganz tolle Sachen für Claudia in den schönen Passagen und Geschäften gesehen, während Claudia wohl auf der falschen Seite der Straße geschaut hat.


Morgen verlegen wir in den Navis-Hafen, weil uns hier im Vasa-Hafen die sanitäre Versorgung langsam auf den Senkel geht. Bisher ist es uns nicht gelungen, auf einer ausgekühlten V & B Keramik zum Sitzen zu kommen, weil auf den drei verfügbaren Schächten so großer Andrang herrschte, dass wir immer reichlich warten mussten. Ähnlich ist es mit den Duschen. Auf die Dauer nervt das.

Da wir nur noch das Museumsdorf Skansen auf dem Pflichtzettel haben, passt das auch ganz gut. Skansen liegt direkt am anderen Hafen.

Achja, der gestrige Abend... der war wirklich sehr eigenwillig.

Ich machte mich mit dem Laptop auf die Suche nach einem privaten unverschlüsselten Netzwerk, um mich so ins Internet zu stehlen.

Als ich eins gefunden hatte, kam ich auf einem Felsen zum Sitzen. Erst kam ein Rottweiler, schnüffelte an meinen Beinen und pinkelte daraufhin den Felsen an. Danach kam ein etwas weinseliger älterer Herr, der mit mir gleich über den Sinn des Lebens philosophieren wollte, stellte sich ein paar Meter neben mich, zog blank und pinkelte auf die andere Seite des Felsens.

Die haben hier eine merkwürdige Art ihre Zuneigung zu zeigen.